Unsere heutige Kultur ist hungrig nach Leben. Im Bewusstsein
kommt das Ende des Lebens nicht vor; der Tod gehört nicht zu uns; er wird als
Einbrecher erlebt, den wir so lange wie möglich fernzuhalten versuche. Wir
versuchen so zu Leben als würden wir ewig Leben.
Diese Abwehr aber bewirkt, dass wir den Tod nur noch
bedrohlicher und unheimlicher machen…
Schauen wir in die Geschichte. Schon der griechische
Philosoph Epikur (341-270 v. Chr.) als Gegenspieler Platons wendet sein Denken
entschieden dem Diesseits zu. Er beruhigt seine Schüler, die ihn nach dem Tod
befragen, mit einem bestechenden Argument: „Das
schauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an. Denn solange wir existieren,
ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr. Er
geht also weder die Lebenden an noch die Toten; denn die einen berührt er nicht
und die anderen existieren nicht mehr.“
(Epikur, Von der Überwindung der Furcht)
Wir wüssten zwar, sagt Sigmund Freud, dass wir alle sterben
müssen, aber weil bisher immer nur die Anderen gestorben sind, halten sich die
Lebenden im Grunde für unsterblich und führen sich in der Gestaltung ihrer Welt
auch so auf…
In vielen unserer Redensarten ist der Tod präsent. Und erst
recht in unseren Witzen, so, als wollten wir ihn uns dadurch vom Leibe halten.
Wir Wiener gehen Hand in Hand mit dem Tod, er gehört zu Wien dazu.
In einem russischen Sprichwort heißt es:
„Was fürchtest du den
Tod, Väterchen?
Es hat noch keiner
erlebt, dass er gestorben ist.“
Wie kann man sich mit diesem Thema auseinandersetzen? Im Grunde
eine Frage die niemand beantworten kann. Vielleicht helfen diese Gedanken
dabei.
Konflikte auflösen und vergeben. Jeder Mensch hat sowohl
gute als auch schlechte Seite in sich, die Welt ist nicht schwarzweiß.
Bitterkeit macht das Herz schwer und dunkel und die einzige Person, die das
spürt und darunter leidet, bin ich selbst. Warum also kostbare Lebenszeit mit
Groll vergeuden?
Einfacher leben. Was brauche ich wirklich und was auch
nicht? Ungelesene Bücher und ungetragene Klamotten zu verkaufen oder zu
verschenken, befreit. All die Dinge, die Platz wegnehmen und mir keine Freude
bereiten: Ich kann sie loswerden und tief durchatmen.
Sich trennen. Nicht nur von Dingen, auch von Menschen und
Gewohnheiten, die mir nicht guttun, kann ich mich verabschieden. Tschüss, falsche-Freunde.
Adieu, Netflix. Auf Wiedersehen Digitale Scheinwelt.
Menschen treffen. Die mich inspiriert haben.. Einen Menschen,
den ich lange nicht mehr gesehen habe und gern mal wieder umarmen möchte. Aus
eigener, trauriger Erfahrung kann ich sagen: keinen Tag zögern, einfach machen.
Ich habe zu oft in meinem Leben den Tod miterlebt.
Ein Haustier halten. Falls ich der Typ dafür bin, vielleicht
nehme ich mir irgendwann wieder einen Hund. Die Leute aus meinem
Bekanntenkreis, die sich unlängst einen Hund zugelegt haben, haben das bisher
keine Minute bereut – sagen sie jedenfalls. Und ich erfühle mir den einen oder
anderen Wunsch, den ich immer schon hatte, natürlich alles im Rahmen meiner Finanziellen
Möglichkeiten, den ich möchte ja auch gut schlafen können ohne sorgen zu haben.
Um Hilfe bitten. Es ist kein Zeichen von Schwäche, Schwäche
zuzugeben – im Gegenteil. Das Leben ist mitunter verdammt hart und ungerecht.
Niemand kann oder muss das immer alles allein bewältigen.
Etwas Neues wagen und etwas lernen. Wieso schon wieder ein
Teil in Grau? Ich nehme das in Farbe! Und weshalb nicht einfach eine Woche lang
täglich Waffeln frühstücken? Außerdem kann ich eine neue Sprache erlernen, eine
Fähigkeit, ein Instrument, ein Gedicht, das Alleinsein, die Überwindung einer
emotionalen Hürde – was auch immer die passende Herausforderung für mich ist.
Innehalten und die Augen öffnen. Ich schaue mich in meiner
eigenen Stadt um, statt immer nur von der Ferne zu träumen. Oder in meiner
direkten Nachbarschaft. An meinem Arbeitsplatz. Da, wo ich jetzt gerade bin.
Wen oder was sehe ich, wenn ich genau hinschaust?
Ich lebe mein Leben im hier und jetzt, im heute. Später wenn
es vielleicht einmal soweit ist das ich gehen muss, dann werde ich gehen mit
einem Lächeln, mit Freude. Vielleicht werde ich das eine oder andere Bereuen
was ich erlebt habe und im Nachhinein sagen ich hätte es anders machen sollen.
Aber es ist egal, der Gedanke daran das ich irgendwann gehen muss tröstet mich,
den ewig Leben wäre auch falsch es würde vermutlich auf lange Sicht sehr
langweilig werden.
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