Und dann bist du gegangen - Mama


Wer war sie? Was machte sie hier? Sie stand vor ihm und betrachtet ihn, in seinen kleinen Augen war der Schmerz, die Verzweiflung. Eigentlich hätte sie zurückmüssen. „Geh nicht, flüsterte der kleine Junge.“ Und sah sie flehentlich mit seinen Augen an. Durch seine Brille, die Brille, die so dick war, dass man schon denken konnte sie würden seinen ganzen Kopf nach unten ziehen. Warum fühlte er so viel Schmerz, und Verzweiflung? Die Menschen waren nicht nett zu ihm, nicht so wie zu den anderen die keine dicken Brillen trugen. Auch wenn er noch klein war, so waren seine Gedanken, die eines Menschen der lange vieles hören hat müssen, seine Gedanken waren die eines Erwachsenen. Seine Gedanken formten die Worte. „Ich bin nur ein einzelner Mensch, ich bin es nicht Wert, ich bin allein, ich bleibe allein. Warum sind alle so zu mir? Ich möchte so sein wie die anderen.“ Er sah ihr in die Augen und sah ihren Schmerz, spürte ihre Hoffnungslosigkeit. Aber sie ging nicht, nein sie nahm ihn in den Arm, hielt in fest. Und sie weinte mit ihm und für ihn. Sie hielt Ihn fest und spürte wie seine Tränen ihre Flügel erreichten, sich tief hinein sogen. Sie wurden immer schwerer und schwerer, zu schwer sie zu entfalten, zu schwer zu fliegen.... Sie blieb bei ihm und hielt ihn im Arm, bis ihre Kräfte schwanden.

Es dauerte noch einige Zeit, bis er einschlief. Als er aufwachte, war sie immer noch da. Und sie würde es auch bleiben, damit er nicht allein sein musste in dieser Welt. Sie würden ihn begleiten. Ohne ihre Flügel denn diese hatte sie abgelegt. Sie war eine Gefangene, gefangen auf dieser Erde, bei den Menschen. Bei ihm. Sie war wie er, und doch war sie es nicht. Auch nur ein Wesen, ein ganz besonderes Wesen. Jemand der beschützte, Kraft gab, auf der Straße des Lebens immer an der Seite war, egal was kommen würde. Egal was andere sagten oder taten. Sie würde an seiner Seite sein. Solange sie konnte. Sie war kein Engel mehr, doch in ihrem Herzen trug sie immer noch die Flügel.

Er sah ihr lange in die Augen. „Du bist immer noch da.“ „Ja.“

Lange Zeit war sie bei ihm, sie tröstete ihn und half ihm, wie nur Engel es können. Gab ihr Liebe und die Sicherheit, jemandem vertrauen zu können, schenkte ihm das Lachen. Er musste nicht mehr allein sein. Sie begleitete ihn. Ging mit ihm den Weg durch das Leben. Er wurde größer und älter.

Und sie begann wieder richtig zu leben, lernte erneut zu lieben, zu lachen und zu vertrauen. Und in ihrem Lachen sonnte er sich, sowie er sich an dem lebensfrohen Funkeln in ihren Augen wärmte ... und plötzlich bemerkte er, wie sich eine unheimliche Schwere auf seinen Schultern, die ihm nie bewusste gewesen war, löste... Er sah sich an und sah seine Flügel, von Tränen schwer, langsam von der Wärme ihres Lachens trockneten und wieder voll erblühten.

Er begann zu leben, lernte zu lieben, zu lachen und zu vertrauen. Er wurde größer und älter. Wenn sie lachte, sonnte er sich darin, wenn sie streng wurde, dann zog er den Kopf ein, doch er wusste ihre Liebe war für ihn egal was sein würde. Seine Augen wurden lebensfroh, seine Brille wurde dünner, er hatte durch sie gelernt stärker zu sein, er wusste er war nicht allein auf dieser Welt. Sie sah ihn immer wieder an, mit einem Lächeln das er oft gar nicht bemerkte. Die Last auf ihren Schultern wurde leichter, diese unheimliche Schwere löste sich langsam. Je älter er wurde, je selbständiger er in die Welt hinaustrat.

Heute viele Jahrzehnte später, aus dem kleinen Jungen ist ein Mann geworden. Aus diesem Mann ist ein Vater geworden. Dieser Mann keine Angst mehr allein auf dieser Welt zu sein, heute steht dieser Mann mitten im Leben. Heute schenkt er anderen ein Lächeln. Er ist seinen Weg gegangen, und sie hat ihm diesen Weg bereitet, hat ihm Kraft und Liebe geschenkt. Hat seine Tränen getrocknet, und ihn zum Lachen gebracht. Sie hat ihm die Angst genommen.

Er sah sie an, heute schenkte er ihr ein Lächeln, gab ihr Kraft und Zuversicht. Er nahm ihr die Last von den Schultern, die last die ihre Flügel die ganzen Jahre nach unten gedrückt hatte. Mit der Wärme des Lachens trockneten diese Flügel die durchdrängt waren von den Tränen des kleinen Jungen. Sie trockneten und sie konnte ihre Flügel ausbreiten.

Sie entfaltete sie und hob ab. Sie sah ihn an und lachte. Und beide erkannten das Engel niemals flügellos sein werden, solange sie einen Menschen haben, dem sie helfen können. Der sie braucht...

 

Mama

 

Ich wünsche dir dort, wo du jetzt bist, ganz oben dort bei den vielen Engeln. Das du endlich zur Ruhe kommen kannst. Das du lächelnd nach unten blickst und sehen kannst das du Menschen hinterlassen hast, die dich nicht vergessen werden. In den Herzen wirst du immer weiterleben. Wenn wir die Augen schließen, dann sehen wir dein Lächeln. Dieses lächeln das uns die Jahre begleitet hat, uns Trost gegeben hat und das voller Liebe war. Durch dich sind wir das geworden was wir heute sind, Menschen mit Herz, durch deine Liebe.

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