Am Fenster

Im Leben eines jeden Menschen gibt es Momente, die von unglaublicher Intensität sind. Für diese Momente lebt jeder Mensch oder zumindest hoffen diejenigen Menschen auf jene Momente, die sich ihrem tristen Alltag noch nicht völlig hingegeben haben. Worin diese Momente bestehen, hängt von den Hoffnungen und Wünschen der Menschen ab. Es kann ein Sonnenstrahl sein, von dem man direkt angestrahlt wird, nachdem es wochenlang geregnet hat oder das Lächeln eines attraktiven Menschen, dass einem die Röte auf die Wangen zaubert oder auch ein Kinderlachen, das vermag das Herz zu erwärmen. Eines haben all diese Momente gemeinsam. Sie lassen sich schwer in Worte fassen. Sie sind magisch. Von diesen Momenten gibt es wenige im Leben, aber man erinnert sich immer wieder gerne zurück; man vergisst sie nie.

Ich stand neben einem fremden Menschen am Fenster, rauchte eine Zigarette und führte eine triviale Unterhaltung, deren Inhalt derart bedeutungslos war, dass mein Gedächtnis es nicht für wichtig erachtete, ihn zu speichern. In diesem Moment setzte mein Gehirn aus und ich war umzingelt von Emotionen, die stärker nicht sein konnten. Es fühlte sich an, wie eine Achterbahn in mir die auf mein Herz trommelte. Völlig unerwartet versetzten mich meine eigenen Gefühle in Angst und Schrecken. Hatte ich doch bereits viele Monaten, an unterschiedlichen Orten gesucht und dennoch nie gefunden. Stand er nun neben mir, der Mensch, von dem ich für einen kurzen Moment glaubte, er könnte es sein. Für ein paar wenige Sekunden hörte die Welt für mich auf zu existieren. Es gab weder Zeit noch andere Menschen, Orte oder Handlungen. Es gab nur noch uns beide und mein rasendes Herz, von dem ich glaubte, jeder in dem Raum könne es hören, weil es wie unendlich viele dumpfe Schläge aus meinem Innersten heraus drang. Ein wirklich unglaublicher Moment, den ich erleben durfte, ein Augenblick, der das Leben lebenswert macht. Es stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen, ich hoffte im Geheimen, das diese fremde Person neben mir nichts bemerkte.

Wir verabschiedeten uns nach kurzer Zeit voneinander, da es keinen Sinn für magische Momente gab. Jedoch bleiben Erinnerungen an diesen einen Moment bestehen. Ich weinte ein paar Tränen, öffnete die Kiste, in der all die anderen kostbaren Momente sicher aufbewahrt waren und legte diesen dazu. Dann verschloss ich sie wieder, lächelte und sah dem nächsten großen Moment entgegen.

Und dieser nächste Moment würde bald kommen, denn ich wusste an diesem Wochenende, würden wir uns beide bald wieder begegnen. Es war ja unvermeidlich oder vielleicht wäre es auch Schicksal, was da kommen würde, stimmte mich in gewisser Weise froh. Vielleicht in einem Gespräch konnte man herausfinden, wie der andere war, was er dachte, und fühlte.

Ich drehte mich um und blickte in den Raum, viele neue Bekannte standen da, es war etwas Schönes nach Monaten des allein seins, wieder mit Menschen zusammen zu sein wo man Plaudern, lachen und sich gut unterhalten konnte. Die Unterhaltungen waren teils oberflächlich, teils tiefgreifend. Es tat einfach gut.


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