Bären Träume

Die Küchenuhr schlug in dumpfen, langsamen Schlägen Mitternacht. Der letzte Ton war noch nicht verklungen, er halte noch ein wenig nach in der dunklen Nacht und verlor sich dann allmählich in den samtigen Tiefen des Sternen übersäten Himmels - da erwachte der kleine Knuddel; er öffnete allerdings nur eines seiner beiden Augen, das rechte nämlich, um genau zu sein, und auch dies nur für einen winzigen Augenblick. Er blinzelte einmal kurz, dann drehte er sich, während er noch eben auf dem Bauch gelegen hatte, verschlafen und gemächlich auf die Seite, so dass er an etwas stieß, das wohl der Arm von Franz sein mochte. Er kuschelte sich ganz dicht an ihn, daraufhin zog er den auf seiner Seite liegenden Zipfel der Bettdecke bis weit über beide Ohren. Mit seinem eigenen Arm umfing er nun Franz und krallte ganz sanft seine winzigen Krallen in dessen Pyjama. Sicher war sicher. Da der Traum, den er soeben noch geträumt, noch nicht ganz entschwunden war, hielt er ihn am hintersten Zipfelchen rasch fest, zog ihn erneut heran und fuhr fort, ihn zu träumen. Ohne auch nur einen einzigen Augenblick zu zögern, schlief er wieder ein.

Während er nun aber träumte, zappelte und bewegte er sich unaufhörlich und darüber hinaus so heftig, dass er - außen auf der Decke zu liegen kommend - letztendlich auf Franz Bauch sich wiederfand, als er nicht lange darauf bereits ein weiteres Mal die Augen aufschlug. Er wusste nicht recht, wie es kam, dass er dorthin gelangt war, und genau genommen war es ihm auch gänzlich egal. Ihn fröstelte, fand er, und da ihm Franz Bauch nun doch nicht ganz so geeignet erschien, friedvoll auf ihm zu ruhen, entschloss er sich schlaftrunken zur Wanderschaft in Richtung Fußende. Franz selbst bemerkte diese nächtliche Aktivität nicht, an dem vorsichtigen, mal vier-, mal zweibeiniges Getapse, das - Gleichgewicht suchend - seinen Körper entlang und dann auf seinen Beinen weiterspazierte. Traumwandelnd dort unten angekommen, sank Knuddel nieder und fiel an Ort und Stelle neuerlich in tiefen Schlaf. Ein weiterer Traum kam silbern von oben herab, ohne Unterlass kam davon noch immer mehr, es rieselte nur so in einem fort, und so hörte man den kleinen Bären bald wieder - ganz leise allerdings nur – schnarchen, so leise, dass es nichts weiter war als eine hauchzarte Winzigkeit eines wohligen Bären-Brummens.

Nach einem Weilchen allerdings erwachte der kleine Knuddel erneut. Es schien ihm an irgendetwas zu mangeln, und so krabbelte er wieder zurück, erst die Beine entlang, dann über den Bauch, auf dem es sich wahrlich nicht gut schlafen ließ, weil dieser zu nachgiebig war, um fest darauf Fuß zu fassen, und so sanken die Tatzen bei jedem Schritt derart ein klein wenig ein, dass der Teddy einige Mühe hatte, sich aufrecht zu halten. Aber letztlich doch auf Franz Brust stehend, lupfte er die Decke ein wenig, legte sich darunter, zog sie bis zu den Schultern wieder hoch und schlief ein. Nur sein Kopf lugte unter der Bettdecke hervor, einige Löckchen standen vorwitzig ab und glänzten golden im Schein des Mondes, dessen Licht traumhaft durch die Fenster herein fiel; ein Öhrchen hatte er auf Franz Herz gepresst. Es sah recht drollig aus. Und so schlief er, während er nun die gesamte Nacht hindurch Franz Herzschlag vernahm, friedlich und fest bis zum anderen Morgen, zusammengerollt auf der Seite liegend - ein ganz klein wenig so, wie kleine Kätzchen es tun -, bis ihn die Strahlen der Morgensonne frech, wie sie waren, solange an der Nase kitzelten, bis er schließlich aufwachte.


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