Traumwelten

Träume – durch sie lernen wir fliegen, sind Helden, schweben auf Wolke sieben, können alles sein. Wenn wir schlafen, betreten wir eine Welt, die nur unser Unterbewusstsein kontrolliert. Doch was, wenn Träumen dir die Wirklichkeit entzieht? Wenn wir alles steuern könnten? Für welche Welt würdest du dich entscheiden?

Sie stand wieder vor dem großen goldenen Tor, dem Eingang zu Ihrer Traumwelt. Sie war eine Typische Pubertierende, 12 Jahre alt, lange braune Haare, schöne braune Augen mit einem leichten graustich. Für Ihr alter war sie relativ groß mit fast 170 cm. Sie konnte es gar nicht mehr erwarten, bis sie endlich durchgehen konnte. Die Welt dahinter gehörte nur Ihr. Hier konnte Ihr keiner etwas anhaben. Am allerwenigstens Benny aus Ihrer Klasse, der Ihr ständig Streiche spielt und dafür sorgt, dass jeder laut über Sie lacht – sogar Christian. Sie mochte Christian von allen eigentlich am liebsten, obwohl er zu Bennys Clique gehörte.

Da öffneten sich plötzlich die Türen vor Ihr. Eine große, runde, goldene Halle erwartete Sie. Wie in einer Bibliothek gab es überall Regale, nur auf diesen stapelten sich keine Bücher, sondern kleine, große, alte, antike oder neue Truhen. Darin wurden Ihre Träume aufbewahrt. Sie hatte sich noch nie getraut, eine davon zu öffnen, obwohl es Ihr jedes Mal wieder in den Fingern juckte. Was wohl da alles drinnen war, viele Träume hatte sie schon vergessen oder einfach rasch vergessen wollen.

Anders als sonst herrschte dieses Mal gespenstische Stille in der Halle. Sonst hörte Sie immer ein leises Wispern. So stand Sie vor einer kahlen Wand. Durch sie gelangt Sie jeden Abend in einen neuen Traum. Ein kräftiger Sog zieht Sie durch sie hindurch. Der typische anfängliche Nebel löste sich langsam auf. Sie konnte endlich die Situation erkennen. Sie steckte in teuren Designerklamotten, vor Ihr ragte eine große Villa auf, aus deren Tür Christian gestürmt kam. „Wo bleibst du denn so lange? Ich warte schon seit Stunden auf dich.“ Christian umarmte Sie überschwänglich und gab Ihr einen Kuss. Sie erwiderte ihn, auch wenn Ihr die Situation äußerst seltsam vorkam. Seit wann war Christian Ihr Freund?

„Warum bist du denn so still?“ „Ich… wir sind zusammen?“, fragte Christian vorsichtig. „Charleen, ist alles in Ordnung? Natürlich sind wir zusammen. Aber jetzt komm rein, meine Mama hat schon das Essen auf den Tisch gestellt.“ Charleen folgte Christian ins Haus. Der Fußboden war aus Marmor und überall hingen Bilder berühmter Maler. Christian zog Sie ins Esszimmer, in dem der große Tisch mit dem besten Geschirr gedeckt war. Gerade als Sie sich setzen wollte, begann die Szene zu verschwimmen. Charleen schlug die Augen auf.

Den gesamten Schultag über beobachtete Charleen Christian aus der Ferne und dachte an Ihren Traum. Sie wünschte sich so sehr, dass dieser in Erfüllung gehen und Christian Sie beachten würde.

In dieser Nacht stand das Tor zur Traumwelt bereits offen. Es wartete auch schon jemand auf Sie. „Papa, was machst du denn hier?“ „Keine Ahnung. Das ist dein Traum.“ „Es fühlt sich immer so real an.“ „Ich weiß, Charleen. Denn deine Träume sind anders, als die anderen Menschen.“ „Was meinst du damit, Papa?“ „In jeder dieser Truhen steckt ein Fitzelchen deiner Träume. Setze sie zusammen und du kannst deine Träume steuern. Du müsstest nie mehr weg von hier. Du kannst dir eine Welt nach deinen Vorstellungen bauen.“

Charleen machte große Augen. Eine Welt, in der Sie das Sagen hätte, in der Sie ihr eigenes Schicksal bestimmen könnte, in der Sie beliebt wäre, in der Sie mit Christian zusammen wäre?

„Warum erzählst du mir das, Papa?“ „Dass ich so aussehe wie dein Vater, heißt nicht, dass ich auch dein Vater bin. Ich muss jetzt gehen. Du kannst dich entscheiden, Charleen. Dir bleibt aber nur diese eine Chance.“ „Wo ist der Haken?“ „Du kannst hier nicht mehr weg. Aber du kannst tun und lassen, was du willst. Bring’ die Zahlen der Truhen in die richtige Reihenfolge und dir wird sich die Welt öffnen, die du dir vorstellst.“ Charleens Vater verschwand.

Was sollte schon passieren? Sie konnte doch nur gewinnen. Nie mehr musste Sie sich von Benny blöd anmachen lassen. Und Christian würde Sie endlich beachten. Also machte Sie sich an die Arbeit und suchte die Regale nach den Truhen mit den Nummern ab: zehn Truhen, zehn Nummern. Sie sortierte diese von eins bis zehn durch und wartete. Nichts passierte. Hatte Sie der Geist etwa belogen? Da donnerte es plötzlich und die Truhen explodierten. Das helle Licht blendete Charleen. Sie konnte nicht hinsehen. Nach 15 Sekunden war alles vorbei.

Charleen fühlte sich anfangs wohl in dieser neuen Welt. Sie konnte alles und jeden kontrollieren, doch je mehr Zeit verging, desto mehr vermisste Sie die Wirklichkeit. Charleen verlor mehr und mehr den Überblick und die Kontrolle. Zeit spielte keine Rolle mehr, Ihr war langweilig und Sie fand es mühsam, allen Ihren Willen aufzuzwingen.

Sie wusste, Christian liebte Sie nicht freiwillig und zu Bennys Clique würde Sie auch nie gehören. Sie konnte Schule schwänzen, doch klüger wurde Sie dadurch nicht. Sie konnte Kontinente bewegen, doch Aufstände nicht gänzlich bezwingen. Hätte Sie sich doch nur nie darauf eingelassen.

Aber alles hatte doch Anfang und Ende, oder?

Von den vielen Entscheidungen und Enttäuschungen schlief sie auch in Ihrer Traumwelt ein, und dann passierte etwas womit sie nicht gerechnet hatte. Ihr Vater erschien wieder in einem der großen leeren Räume. „Hallo Papa, ich mag nicht mehr hier sein ich möchte wieder einfach nur ich sein“ Sie sah in traurig an, „Charleen, auch wenn ich Dir schon gesagt habe ich mag wie dein Vater aussehen, aber ich bin es nicht, du hast dich entschieden das du die Truhen sortierst, du wolltest es doch so“ „Ja ich weiß, aber ich wusste doch nicht das es so schrecklich werden würde, ich möchte wieder wie alle anderen einfach nur in die Schule gehen und einfach wieder ein Kind sein, bitte“ Ihr Vater begann sich zu verwandeln und veränderte sich zu einem Wolf, einen Wolf den Sie schon kannte, es war der Smaragd Wolf der sie einmal in eine Wunderbare Traumwelt gebracht hatte. Damals waren sie durch die Landschaft gewandert, hatten einen Wald durchquert und waren am Ende an einer Lichtung stehen geblieben, sie hatte dort so wunderschöne Blumen gesehen und Schmetterlinge. Bis Sie zu Hause auf der Couch aufgewacht war. Der Wolf sprach zu Ihr „Ich glaube du hast deine Lektion gelernt, Träume sollen besser Träume bleiben denn wenn wir unsere Träume lebendig werden lassen verlieren wir die Kontrolle über das Leben, und das Leben ist viel zu schön und wertvoll, um es einfach gegen eine Traumwelt zu tauschen“. Sie nickte und war froh das der Smaragd Wolf ihr gezeigt hatte das Träume etwas Wunderschönes sein können aber das die Wirklichkeit auch wunderschön sein konnte, vielleicht nicht immer perfekt aber trotzdem einzigartig.

Der Wolf drehte sich um und verschwand langsam, Charleen erwachte, und wieder saß sie zu Hause auf der Couch wo sie wie schon öfter eingeschlafen war.


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