Tugenden

Dieser Text ist ein sehr Persönlicher, lange habe ich daran gearbeitet, auch wenn es nur ein paar Zeilen sind. Ihn so zu schreiben, dass er eine richtige Form hat und dabei einfach viel aussagt war nicht einfach. Auch wenn ich viel schreibe, manche Dinge die in meinem Kopf herumschwirren sind nicht immer so leicht in Worte zu fassen.

Es sind angeblich die drei wichtigsten Tugenden, eingegossen in unsere Wertvorstellung. Glaube, Hoffnung, Liebe. Wobei letztgenannte Tugend, die Liebe, in unserer Wertvorstellung den höchsten Stellenwert zugeordnet wird.

Ich habe meine Zweifel daran.

Warum sollte es eine „Obertugend“ geben? Wäre dem so, hätten andere Tugenden einen Minderwert, sie wären damit quasi mit einem Makel oder Mangel behaftet. Eine befleckte oder mangelhafte Tugend kann schlecht als Tugend gelten, meine ich. Auch habe ich in den letzten Monaten den Glauben an die Liebe irgendwo auf meiner Wegstrecke durch das Leben verloren.

Folglich müssen die drei großen Tugenden auf einer Stufe stehe. Das tun sie aber in meinem Fall nicht. Betrachte ich mir die drei einzelnen, finde ich zu meinem Erstaunen tatsächlich Ähnlichkeiten, ja ich glaube fast, ich sehe, so sehr ich mich auch bemühe, zwischen den dreien kaum einen großen Unterschied! Allerdings, hoffe ich, hier keinem Irrtum zu unterliegen.

Ich versuche, meinen Eindruck zu begründen.

Wenn ich glaube, vertraue ich. Einer Person, einer Lehre, einem Plan.
Wenn ich einer Person vertraue, hoffe ich, dass diese Person es gut mit mir meint, das sie mir hilft weiter zu kommen, das es mir vielleicht in der Zukunft besser geht, eventuell auch ein höheres Ansehen verschafft, das sie mich stützt und auf dem rechten Weg führt. Aber wie komme ich dazu jemanden zu glauben, ihm mein Vertrauen zu schenken?

Wenn ich einer Lehre vertraue, sehe ich in ihr einen sinnvollen Leitfaden, eine Hilfe die mir Struktur gibt, ein Rezept für mein Leben. Aber brauche ich das überhaupt, bin ich nicht selber dafür verantwortlich und schreibe ich mir nicht aus dem Leben meine eigene Lehre?

Wenn ich einem Plan vertraue, glaube ich an seine Realisierbarkeit und den Nutzen für mich.
Mein kritischer Verstand hinterfragt natürlich den Glauben, zu sehr habe ich im laufe meines Lebens sehen müssen was Glaube alles bewirken kann, und dabei ist eigentlich mein Glaube auf ein Abstellgleis geparkt worden von mir oder gleich durch unter die Räder des Lebens gekommen. Es sind einfach viele Dinge in meinem Leben passiert die mir gezeigt haben, das Glaube alleine, für mich, dazu führt das ich mich in Dinge verrannt habe die am Ende in einer kleinen Katastrophe geendet haben.

Liebe ich, ganz gleich nun, ob eine Person oder eine Sache dürfte ich mich erst recht in einen Zustand völliger Verzweiflung hineinsteigern. Denn wer, wie ich, mehr mit dem Herzen denkt als mit dem Verstand merkt im laufe der Zeit das er sich dadurch erst recht in einen Zustand der völligen Hingabe und Kritiklosigkeit hineingesteigert. Es führt dazu das man dann an einen Punkt kommt wo die Liebe den Glauben an das gute verdrängt und man hofft das die Welt einfach besser wird wenn man nur stark genug liebt.

Wo also sollte der große Unterschied zwischen Glauben und Liebe sein?

Möglich sind doch Sätze wie: Ich glaube, ich liebe sie; hoffentlich noch eine Weile, zum Beispiel kurz vor oder nach einer Hochzeit. Jahre oder auch schon Stunden später könnte ein Satz gedacht werden wie „Ich glaubte, hoffte, liebte…“

Man sieht: Glaube und Liebe haben Gemeinsamkeiten, ganz gleich, ob sie stattfinden oder stattfanden.

Bestenfalls der Hoffnung gestehe ich eine kleine Andersartigkeit zu: Wer hofft, pflegt und nährt ein ambivalentes Gefühl: Einerseits hofft er auf die Erfüllung all seiner Träume und Wünsche, auf die Echtheit des Glaubens und der Liebe, auf den baldigen Eintritt ins Elysium. Andererseits ist er noch nicht völlig in seinem Glauben oder seiner tiefen Liebe befangen – oder verfangen. Er steht quasi am Eingang des Paradieses und rechnet immer noch mit der Möglichkeit einer Wendung der Dinge: die Pforte könnte vor ihm zuschlagen, ohne dass er die Schwelle überschritt. Sie könnte ihn auch auf schmerzhafte Weise treffen und verletzen oder gar töten…

Alles in allem zeigt es doch, dass die drei oben gennannten Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe, nur dazu da sind unseren Verstand in einem Ständigen Ausnahmezustand zu halten. Ich für meinen Teil habe eines gelernt der Glaube bringt mich nicht weiter, die Liebe ist etwas das weit entfernt ist einzig die Hoffnung ist noch an meiner Seite auf meinem Weg durch das Leben.