Dunkelheit

Es ist seltsam, wenn man die Augen schließt und sich folgendes passiert
Man geht im Dunkeln, die Hände tasten nach etwas, sie wollen greifen, sich an etwas festhalten. Die sinne vibrieren, sind angespannt bis aufs Äußerste, da könnte ja etwas sein, und was ist es? Trotzdem können die Hände nichts registrieren. Die Ohren hören keinen Laut, die Nase riecht nichts. Und schmecken kann man auch nichts, außer dem eigenen kalten, salzigen Schweiß. Langsam, tastend, blind geht man immer weiter. Nun fragt man sich, was unter den Füßen ist, denn auch die können nichts fühlen. Die Hände greifen zu den Zehen und man möchte den Boden fühlen. Doch erschrickt man, kein Beton, kein Gras, keine Erde, kein Schlamm, nein rein gar nichts hat man unter den Füßen. Und trotzdem geht man vorwärts.

Ein Ruck und man richtet sich wieder auf, irgendwie ist es unfassbar, dass da nichts unter den Beinen ist, tastend geht man weiter und versucht, an nichts zu denken, denn sonst würde einen die nackte Angst packen.

Die Gedanken beginnen zu kreisen. Wo ist man? Wie ist man hierhergekommen? Weshalb ist man hier? Und vor allem, wie kommt man hier wieder raus?

Die Ohren vernehmen ein leises Pochen. Es wird lauter, es wird schneller, es dröhnt in den Ohren. Es ist kaum auszuhalten, automatisch hält man sich die Ohren zu und trotzdem ist dieses Pochen zu hören, es wird sogar noch lauter. Rasch merkt man, dass es das eigene Herz ist, das da pocht, das einen fast verrückt macht. Es wird langsamer, es macht nun keine Angst mehr, dieses Pochen, nun da man weiß woher es kommt.
Der Weg führt weiter, tastend. Die Hände spüren etwas sind auf etwas gestoßen. Ist es eine Wand? Es fühlt sich seltsam an. Was ist das? Man spürt Schlamm, in diesem Augenblick nimmt man ein Stück heraus, riecht daran, doch die Nase registriert nichts. Da kostet man daran, doch auch die Geschmacksnerven sagen nichts, sie sind wie abgestorben.

Schritt für Schritt geht man weiter, die Hände tasten weiter, an der Wand entlang. Es kommt einem endlos vor. Es wird langsam enger, beklemmender, bald kann man beide Hände austrecken, links und rechts, vorne und hinten, spürt man die Wand, das glitschige Etwas. Die Hände tasten nach unten und auch da, zu den eigenen Füßen, selbst dort ist dieser glitschige Schlamm. Der Blick wandert nach oben, es ist ein Lichtpunkt zu erkennen. Klein, Licht, das Wärme verheißt und Glück und vor allem Helligkeit.

Jetzt müht man sich, hinauf zu klettern, doch man rutschst immer wieder ab. Man probiert es an vielen Stellen, doch der Schlamm ist viel zu glitschig, er nimmt einen nicht auf, lässt einen nicht an sich heran, ist unnahbar. Zugleich wird der Raum noch enger, die Wände drohen, einen zu zerquetschen, sehen kann man es nicht, doch es ist zu spüren. Panik erfasst einen, Angst befällt das Herz, man weiß nicht, wohin. Das Herz droht zu zerspringen, die Angst umfasst die Seele und droht, sie auszupressen, auszuquetschen.

Man schreit, flucht, lässt den Gefühlen freien Lauf. Jetzt schlägt man mit den Fäusten gegen die Wand, versucht, die Angst und Beklemmung abzuschütteln, doch es ist nicht zu schaffen. Und bald kannst du nur mehr schluchzen. Die Kraft verlässt einen, man geht in die Knie, fällst zu Boden, lehnt sich an die Wand. Weinend und sehnsüchtig blickt man dort hinauf. Man erahnt den Punkt, der einen wärmen könnte, mehr als man ihn sieht. Noch einmal bäumt man sich auf, versuchst mit letzter Kraft, das Licht zu erreichen, doch es ist nicht zu schaffen. Nun sinkt man in sich zusammen, und das Weinen wird ein Schluchzen und schließlich verebbt auch dies. Ein letztes Mal geht der Blick nach oben, doch es ist nicht zu ertragen. Nun weiß man, man hat versagt. Und bald bleibt von einem nichts mehr übrig als Resignation.

Das ist die Welt in einem, wenn man zurückblick und sieht wie so manches im Leben gelaufen ist. Wenn man feststellt, egal wie sehr man gekämpft hat, sich abgemüht hat, versucht hat, alles richtig zu machen. Es ist im Inneren etwas zerbrochen, vielleicht auf dem Weg durch die wirren des Lebens verloren gegangen. Irgendwo hat man seine Kraft verloren. Egal wie nahe das Licht sein mag, es liegt nun außerhalb der Reichweite, denn die Kraft ist verloren gegangen.

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