Ich war allein. Nicht, dass es mich wunderte. Seit Wochen
und Monaten schon wurde ich gemieden, als sei ich die Büchse der Pandora
persönlich. Um ehrlich zu sein, waren es keine Wochen, nicht mal Monate, eher
Jahre. Ich wusste gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal jemanden bei mir
hatte. Manchmal bemerkte ich Menschen um mich herum, die sprachen, aber
irgendwie nicht mit mir, sondern eher durch mich hindurch, als wäre ich ein
Geist, der einfach nur dazwischen schwebte. Ich wusste, dass meine Situation meinen
Eltern nicht gefallen würde. Wer mochte den schon einen Sohn, dessen Leben
keine Wellen schlug? Ich wollte es ja. Das hatte ich ihnen gesagt. Mehrfach.
Aber es stellte sich als schwierig heraus, sich auszubereiten, die Flügel auch
mal zu testen. Ich bestaunte die anderen, die sich mit Leichtigkeit ihren Weg
bahnten, mal auch die Ellbogen ausfuhren, wenn es sein musste. Doch ich habe
viel zu sehr Angst vor diesen Ellbogen, die einen hart in den Rippen treffen
konnten. Mich in die Ecke schubsen konnten und auf meinen Platz verwiesen. Den ich
doch eigentlich verdiente. Leute, die es gut mit mir meinten, versuchten mir
die Welt da draußen zu erklären, die Welt mit ihren Ellbogen, Handflächen und
Fußtritten. Irgendwann wurde ihnen meine Haltung, die an einen Ertrinkenden auf
hoher See erinnerte, aber zu anstrengend. Ich war zu zurückhaltend, zu ruhig,
so in mich gezogen und ängstlich, dass es niemand lange bei mir aushielt.
Obwohl ich es mir so sehnlichst wünschte, dass jemand blieb. Allein die
Gewissheit, irgendjemand hielte mir den Rücken frei, wäre für mich wie ein
Rettungsring. Aber die Erkenntnis, allein zu sein, traf mich immer wieder hart,
ganz gleich wie vertraut mir dieses Gefühl längst sein musste. Ich versuchte
immer wieder sie wegzuschieben, diese ständige Stimme, die mit mir sprach, weil
es sonst keiner tat. Die mich zu mehr nach außen gerichtetem Leben verleiten
wollte. Sie war immer da und verflog nicht wie eine Seekrankheit an Land. Ich
hoffte, sie würde Ruhe geben, wenn ich tat, was sie verlangte. Aber sie
verlangte zu viel und am Ende gab ich immer Ruhe. Mich zu öffnen, offener zu
sein und jemanden der mich interessierte anzusprechen, dazu fehlt mir der Mut.
Ich war immer derjenige der ein wenig stiller als die anderen war, der der im Hintergrund steht und zuhört und beobachtet.
Manchmal habe ich den Eindruck, du sprichst von mir. Deine Gefühle und Gedanken kann ich sehr gut nachvollziehen. Es gibt Momente in denen man akzeptiert und beachtet wird, aber am Ende des Tages ist man dann doch allein, alleine mit sich selber, einsam und voller Sehnsucht.
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