Gehen. Immer wieder gehen. Gehen das mache ich gerne. Viele Menschen gehen einfach, ich aber kann es besser. Ich gehe davon, lasse alles hinter mir. Manchmal gehe ich auch hin. Heute gehe ich davon, weg, weit weg. Am weitesten weg, so weit es überhaupt geht, so weit gehe ich dann, vielleicht komme ich an imaginäres Ziel, das ich noch nicht sehe. Irgendwann bleibe ich stehen. Aber mein Kopf geht weiter. Ich sage ihm doch, dass er stehen bleiben soll, aber er geht weiter. Er hört mich nicht, er ignoriert mich. Ich muss ihn einholen, beinahe schon laufen. Ich versuche zu laufen. Ich kann es nicht. Ich bleibe stehen. Dann gehe ich, ja gehe, das kann ich immer noch am besten. Meine Gedanken hole ich so oder so nicht mehr ein.
Irgendwann kann auch mein Kopf nicht mehr. Er ist müde. Ich bin müde. Gemeinsam legen wir uns hin. Ich möchte schlafen. Mein Kopf möchte aber noch nicht schlafen. Also schlafe ich nicht. Erst wenn er es erlaubt. Endlich. Jetzt ist er so weit. Fertig mit dem Denken, Philosophieren, Überlegen. Ich schlafe ein.
Ich wache auf. Ich wache meistens vor ihm auf. Das ist nicht gut. Aufwachen ohne Kopf, das fühlt sich nicht richtig an. Wenn er aufwacht geht es mir wieder gut. Dann kann ich mit ihm beginnen. Gemeinsam schaffen wir alles, gemeinsam sind wir stark.
Gehen. Wir müssen viel gehen. Oft kann er es besser als ich, obwohl ich besser bin. Er ist mir dann voraus und ich kann ihn nicht mehr einholen. Mein Kopf will meist mehr als ich. Oft überfordert er mich. Wenn ich ihm versuche das zu sagen, geht er davon. Ich probiere oft aus vor ihm davon zu gehen. Er ist immer schneller. Jedes Mal.
Aber es ist einmal passiert, einmal konnte er mich nicht mehr einholen. Einmal war ich schneller. Das wunderte mich zu anfang etwas, an diesem Tag war dann etwas anders. Manchmal wollte mein nicht mehr, obwohl ich noch wollte. Manchmal konnte mein Kopf nicht mehr, obwohl noch viel weiter gehen konnte. Nicht ich gehorchte ihm, er gehorchte mir, ich hatte meinen Kopf und die Gedanken unter Kontrolle. Wir tauschten unsere Rollen. Ich musste ihn tragen, mit den ganzen Gedanken und der last der vielen Jahre die sich ihn ihm angesammelt hatten. Er war einfach müde geworden, dass er gar nicht gehen konnte. Mein Kopf war schwer, zu schwer von all der last. Ich konnte ihn nicht weit tragen. Immer nur ganz kurz. Mit vielen Pausen.
Gehen. Das Gehen gefiel mir ohne meinen Kopf nicht mehr. Ich vermisste den Wettlauf. Ich vermisste die Stärke. Ich vermisste den Tatendrang. Ich vermisste meinen Kopf, obwohl er noch da war. Ich fragte ihn auch, was den los sei. Er war zu müde, um etwas zu antworten. Das machte mich traurig. Ich war einsam. Ich fühlte mich verlassen. Dadurch fiel mir einiges schwerer. Das Gehen fiel mir am allerschwersten.
Es wurde nicht besser. Es wurde immer schlimmer. Mein Kopf war für vieles zu schwach. Alles musste ich alleine machen. Ich musste noch nie etwas alleine machen. Das war ich nicht gewohnt. Das konnte ich nicht. Das funktionierte nicht lange. Bald war ich schwach. Bald folgte ich meinem Kopf. Bald wurde ich müde.
Jetzt ist mein Kopf gar nicht mehr da. Ich habe ihn verloren. Für immer.
Hals über Kopf, kopflos.
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