Verlorenheit

Meine Seele ist erschöpft und ich kann nicht den Zustand beschreiben in dem ich mich gerade in meinem Leben befinde. Ich bin erschöpft, ja, doch diese Müdigkeit ist etwas mehr als nur eine körperliche Müdigkeit. Es ist sowohl eine psychologische, als auch eine emotionale Schwäche. Ich bin es leid, immer stark sein zu müssen. Ich bin es leid, jeden Tag das Lächeln in mein Gesicht zu setzen, um zu zeigen das alles in Ordnung ist. Ich bin es leid für alle und jeden um mich herum so zu tun als wäre ich Supermann. Nein die Jahre haben mich ausgelaugt.

Und auf einmal sitze ich hier, spüre eine Verlorenheit in der Brust und weiß nicht, in welche Richtung ich gehen soll. Ich habe zu lange damit verbracht, meine eigenen Gefühle zu verleugnen, und jetzt fühle ich mich, als wäre ich derjenige, der richtig leidet.

Eigentlich wollte ich nie ein solcher Mensch werden, aber das Leben hat mich mit einigen Dingen konfrontiert mit denen ich nie gerechnet hätte, ich musste lernen stark zu werden, weil niemand mir dabei helfen konnte oder auch wollte. Keiner hat mich durch so manchen Kampf und die eine oder andere Schwierigkeit begleitet. Und jetzt bin ich hier, fühle mich erschöpft und verloren, ausgelaugt, und frage mich ob doch eines Tages jemand da sein wird der mit mir weiter geht den weg durch das Leben, mir vielleicht halt gibt. So wie ich immer versucht habe für andere da zu sein, wenn es notwendig war.

Ich habe immer den Starken Mann, Vater gespielt, der in der Lage zu sein schien, einfach alles tun zu können.

Denn wenn andere Menschen mich anschauen, sehen sie mich als eine solche Person. Sie sehen mich als souverän und stark, aber meine Seele ist erschöpft. Und während sie mich selbstbewusst und ruhig sehen, bröckelt innerlich die Fassade die ich aufgebaut habe.

Ich fühle mich, als hätte ich mein ganzes Leben damit verbracht, mir selbst zu beweisen, dass ich stark bin und dass es ausreichen würde, stark zu sein. Ich habe so viel von meiner Energie verschwendet, indem ich versucht habe, in den Augen anderer Menschen stark zu wirken und meine eigenen Emotionen zu verbergen, dass ich jetzt nur noch müde bin und nicht mehr weiter kann.

Jetzt bin ich derjenige, der erschöpft ist.

Wenn du immer der Starke bist, unterdrückst du normalerweise deine Wünsche, Gedanken und manchmal auch deine Gefühle. Wenn du immer der Starke bist, bist du sehr vorsichtig, wenn es darum geht, deine Probleme anderen Menschen zu verraten. Du siehst das nur als eine Belastung für die Menschen, für die du eigentlich da sein möchtest.

Und die Menschen, die sich normalerweise immer so sehr um andere kümmern, gehen nicht immer herum und bitten um Hilfe. Doch als der Starke gehst du durch deine eigenen Herausforderungen – wobei es Zeiten geben kann, in denen du einen Punkt erreichst wo du nicht mehr kannst.

Doch manchmal ist es so, dass auch die Stärksten von uns jemanden an ihrer Seite brauchen. Nun ist mir bewusst, dass wir alle jemanden brauchen, der ein wenig stärker ist als wir. Ja, ich sagte das Wort BRAUCHEN, das Wort, von dem ich so lange weglief, weil es eine negative Bedeutung zu haben schien.

Aber ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es in Ordnung ist, nicht die ganze Zeit stark sein zu müssen. Auch wenn das im Allgemeinen von uns Männer erwartet wird. Aber von dieser Vorstellung halte ich nichts, es ist auch uns Männern erlaubt zu sagen, ich kann nicht mehr, ich bin schwach.

Ob ich nochmals jemanden in mein Leben lasse kann ich nicht sagen, dafür ist die innere Angst wieder verletzt zu werden, alleine gelassen zu werden noch groß, aber wenn dann möchte ich diesem Menschen einmal meine Geschichte erzählen. Ich möchte davon erzählen das ich immer dachte stark sein zu müssen, egal um welchen Preis. Davon erzählen was ich dachte. Was, wenn jemand mich Bluten sieht? Was, wenn jemand meine Tränen sieht, Tränen die ein Mann ja niemals vergießt? Was, wenn jemand meine tiefsten Träume und Wünsche erfährt, dich ich immer vor anderen verborgen habe?

Jetzt bin ich erschöpft davon, dass ich vor meinem Bedürfnis, verwundbar zu sein, davongelaufen bin.

Ich sehne mich danach, einmal nicht stark sein zu müssen, auch ich möchte einmal einfach nur im Arm gehalten werden, jemanden der mich festhalten kann. Egal was ich an diesem Tag erlebt habe, ich möchte einfach ohne nachzudenken darüber reden können. Ich möchte einfach nicht geistig stark bleiben, sondern mich einfach ein wenig fallen lassen.

Es ist nichts Falsches dabei, sich nach jemandem zu sehnen, der einen festhält und sich um einen kümmert. Und es ist nichts, wofür man sich schämen müsste, denn es ist absolut keine Schwäche. Es ist eher eine Stärke, weil wir alle jemanden brauchen, der uns daran erinnert, dass es in Ordnung ist, nicht immer stark sein zu müssen. Und das nennt man die Macht der Liebe.

Und natürlich werde ich auch weiterhin für andere da sein, wenn sie Hilfe brauchen, werde auch weiterhin stark sein, wenn es notwendig ist. Aber ich möchte sicher sein, dass ich die Kraft habe, das Ganze auch wirklich auszuhalten.

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