Das Karussell des Lebens

Ich war eigentlich noch ein kleiner Junge, keine Ahnung von der Zukunft und was kommen wird. Aber natürlich wird man schon gefragt was man später einmal werden wollte. Damals war es noch Lastwagenfahrer und Baggerfahrer. Mit 11 viel die Entscheidung das ich in eine spezielle Schule gehen sollte, eine Schule für sehschwache Kinder. Mit 13 war die erste große Liebe da, und schon einige Zeit später fühlte ich mich unendlich alleine. Mit 16 begann die Lehre, und zu dieser Zeit tauchte die frage in mir auf, ob es überhaupt eine Zukunft geben wird, was noch alles kommen würde. Die war die Zeit wo ich das erste Mal so richtig beleidigt worden war wegen meiner Sehschwäche. Von einer Kunde die meinte warum arbeitet da ein Behinderter, der kann ja eh nix leisten usw.

So schnell schritt alles voran, immer schneller musste ich gehen, immer größer sein, immer perfekter als die anderen sein. Unaufhaltsam, Wie ein immer schneller sich drehendes Karussell, ein einer Zeit, die niemals Luft holte. Ich drehte mich mit und sah die Gedankenfetzen an mir vorbeifliegen. Mein Kopf fühlte sich an, als würden sich tausende Gedanken gleichzeitige durch Kabel und Verbindungen in meinem Gehirn einen Weg bahnen. Es gab Tage da hätte ich am liebsten zum schreien angefangen. So laut schreien das die Gedanken einfach verschwanden, dass doch endlich jemand etwas tun soll. Dass die Welt kaputt geht. Dass wir alle kaputt gehen. Die Menschen um mich herum drehen sich am Karussell weiter, sie lächeln.

Aber warum weinst du denn? Es ist doch alles gut - wir können über Social Media jeden Menschen der Welt erreichen, wir sind doch nicht einsam. Wir können doch alle Selbstzweifel sofort mit Handyfiltern beseitigen. Wir können doch einfach mehr Bio essen, dann wird das schon mit dem Klimawandel. Es ist doch alles gut, warum regst du dich auf? Die Flüchtlinge sind einfach das Problem, nicht die Ignoranz der Menschen. Die Ehe für Alle ist das Problem, nicht die steigenden Temperaturen und die andauernden Kriege. Und heute kommt noch etwas extra dazu, das Unverständnis zwischen der Jungen Generation und der älteren Generation. 

Und wenn man dann einmal schreit, kommt die frage „Warum schreist du denn so? Kannst du den nicht leiser sein, du vermiest allen hier die Stimmung. Wir hören dir doch alle zu, wir verstehen doch alle, wie du dich fühlst. Versucht doch einfach mal mehr zu lächeln, das steht dir doch so gut.“ Soll ich den wirklich die ganze Zeit lächeln während in mir drinnen ein Orkan tobt? Soll ich wirklich leise sein nur um die anderen nicht zu stören? Vielleicht verschwindet ja auch die Depression. Einfach lächeln und davor noch zum Zahnarzt gehen um mir die Zähne bleichen zu lassen, es soll, wenn ich schon die ganze Zeit lächle, ein Zahnpasta lächeln sein. Es ist alle gut, die Dinge um mich herum bilde ich mir nur ein, und wenn Probleme da sind dann sind diese Dinge soweit weg von mir das sie mich nicht betreffen. Ich kaufe mir einfach ein Ticket für das Karussell, und lasse alles einfach an mir vorbeiziehen. Ich kaufe mir neue Kleidung, verwende einen schönen Snapchat Filter und alles ist perfekt. Heute haben wir sogar einer Bettlerin 40cent gegeben und Bio-Schokolade gegessen. Ich brauch doch nicht schreien, das Karussell macht doch Spaß. Lass es sich weiterdrehen.

Ich sitze hier und meine Schreie werden immer stiller, ich möchte nicht mit diesem Karussell fahren. Teils zu lange in meinem Leben bin ich dort mitgefahren. Ich steige ab, möchte nicht mehr. Und nein ich werde nicht mehr lächeln, sondern schreien um gehört zu werden. Sollen ruhig alle anderen Fotos machen, mit ihren Filtern. Sollen alle sich ständig im Kreis drehen. Ich habe es zu lange gemacht. Immer wieder habe ich mich angepasst an das Leben das andere wollten. Zu oft habe ich geschwiegen um nicht verletzt zu werden und in der Menge nicht aufzufallen. 

Schreien kann so befreiend sein, Nicht das im Kreis gehen bringt mich an mein Ziel sondern vielleicht einmal im Zick Zack den Weg zu folgen.


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