Es gibt Tage, an denen da möchte ich mir lieber nicht ins Gesicht schauen, so wie heute.
Ich habe heute versucht, allein ein Lied zu singen, und
geweint habe ich.
Es gibt Tage, an denen sehe ich in den Spiegel und sehe wirklich
eine Person Gegenüber die mir Fremd ist, ich kann sie erkennen, doch heute ist
keiner davon. Ich weiß nicht wer sie ist.
Ich hatte einen Plan für den Tag, aber ich konnte nicht. Es
hat dann wieder weh getan.
An diesen besonderen Tagen nämlich, wenn ich mir versuche in
die Augen zu sehen und durch sie hindurch blicke und weiter schaue, fühle ich
wie ich mich von mir selber entferne.
Vielleicht würde man es gar nicht weh tun nennen. Nur irgendetwas breitet sich aus, von der Mitte des Körpers aus.
Oft wünsche ich, dass viele Tage nicht mit diesem Verstehen
gefüllt wären. Dass Tage voller Momente, in denen ich die Person im Spiegel
wieder ich bin, eins mit mir, wieder zurückgekehrt aus dem Schmerz des Lebens.
Das, was sich ausbreitet, ist ein Schmerz, denke ich. Dieser
Schmerz in der Mitte ist nicht nur meiner.
Vor Tagen war ich auf der Straße, nicht nur ich, viele. Ich
hatte einen Strauß Blumen in der Hand, es war schon Abend, ich auf dem Weg nach
Hause, viele Lichter. Eine der Blumen verlor eine Blüte, dann habe ich mich
hinunter gebeugt zum Boden, zum Grund, ich habe sie angeblickt, und ich habe
sie dort gelassen, die rote Blüte, dort am Boden, am Grund, sie war wie meine
Seele, die nicht mehr dort sein konnte wo sie sein konnte, sie blieb einfach
dort unten.
Jetzt gerade aber bin ich wieder ganz weit weg von allen, sie,
meine Seele und ich. Selbst wenn ich wieder in den Spiegel blicke, flehend
danach etwas zu sehen in diesem Gesicht, bleiben die Augen leer, braun, aber
leer.
Viele Lichter, viele Blüten am Grund. Auch viel Schmerz aus
vielen Mitten. Ich ging dann, weil es drückte etwas immer fester, presste sich
gegen die Innenwand meines Selbst, meiner Gedanken, meiner Mitte. Es war das
Ächzen, das Traurig sein der anderen Herzen, glaube ich. Also machte ich kehrt,
und ging einfach weiter, und dann erreichte das Pressen, aus der Mitte meiner
Seele seinen Höhepunkt, erlag meinem Widerstand und ließ nach. Sanfte, hauchdünne
Tränen bahnten sich ihren Weg über meine kalten Wangen.
Manchmal können sie braunen Augen auch weinen, auch wenn ich
gelernt habe dies zu verstecken. Zuerst weinen die Augen dann dringen diese
Tränen in die Seele vor. Oder umgekehrt oder gleichzeitig. Wenn die zarten
Tropfen aus den braunen Lichtern fallen, da fühle ich etwas, etwas Trauriges,
etwas Bittersüßes.
Kann ich verstehen was passiert ist, fragen mich die feuchten
Augen dann. Ich kann ihnen darauf nichts antworten. Aber eines weiß ich: nicht
nur die rote Blüte habe ich dort gelassen am Boden, am Grund, bei den Lichtern,
bei ihnen, auch ein Stück, ein Bruchteil meiner Mitte bleibt nun da. Zusammen
mit anderen Bruchteilen werden sie dort eine neue Mitte bilden, das weiß ich,
darauf muss mir niemand antworten.
Das Bittersüße, entsprungen aus den braunen Augen, will ich
greifen können. Heute schaue ich mir ins Gesicht, auch wenn es Tage gibt, an
denen ich das lieber nicht tue. Und ich kann sie nun doch sehen, ein bisschen.
Sie, die Person gegenüber, deren Arme kraftlos hängen, so
wie oft in letzter Zeit. deren Beine standhaft sind, aber heute durch den
leichtesten Stoß ins Taumeln geraten könnten, so wie meine heute, deren Augen braun
sind und bittersüß sein können, weil es eben meine sind, sehe ich klar vor mir.
Ich starre in den Spiegel mich selbst an. Dazwischen nur das
spiegelnde Glas, das uns trennt, in einem seltsamen Bann befinden wir uns,
vereist, versteinert. Der kalte Blick hält so lange, bis aus dem bittersüßen braun
ein Tropfen kullert.
Ich und mein Ich gegenüber, wir sehen uns jetzt endlich,
wahrlich, aus unseren braunen, traurigen, Augen an und wissen, dass wir ewig
sind.
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