Fremd sein

Ja ich kenne die Situation, dass ich inmitten anderer Menschen bin und mich fremd fühle! Dieses Fremd fühlen entspricht jedoch weniger der Tatsache, dass ich diese Menschen nicht kenne. Ganz im Gegenteil. Ich kann mich sogar fremd fühlen, obwohl ich unter Menschen bin, die mir bekannt sind. Ich meine mit fremd fühlen vielmehr die gemeinsame Wellenlänge, die ich mit anderen Personen suche, um mich mit ihnen Inhaltlich aber auch gefühlsmäßig zu verbinden, doch solche Menschen zu finden ist nicht leicht, und deshalb fühle ich mich fremd.

Ich glaube das kennen viele, dieses fremd sein, dieses Gefühl da zu stehen und sich doch so fühlen als wäre man gar nicht anwesend.

Das Gefühl haben, anders zu sein
Ich hatte schon oft das Gefühl, nicht in diese Welt zu passen. Das Gefühl, dass die Menschen, von denen ich umgeben war, irgendwie anders waren als ich. Dass sie so ganz andere Lebensstile, Wertvorstellungen oder Ansichten hatten als ich und ich mich in keinem Menschen wiedergefunden habe. Oft habe ich versucht mich in andere Menschen hinein zu versetzen mich anzupassen. Meine Gefühlswelt so zu steuern das es mir gelingen könnte auch so zu sein wie die anderen. Aber es ist mir nicht gelungen. Ich bin dafür viel zu sehr Sensibel und auch meine Gedanken sind oft ganz andere. 

Ich wollte mich verbunden fühlen, mich richtig gut mit ihnen verstehen, aber habe keinen gemeinsamen Nenner gefunden. Ich habe Gespräche gesucht, aber nicht gewusst, worüber ich mich unterhalten soll. Unsere Begegnungen waren höflich, aber nicht freundschaftlich. Unsere Gespräche waren bekannt, aber nicht vertraut. Ich habe mich fremd und allein gefühlt, aber wusste nicht wieso.

Da ich keinen Anschluss fand, fing ich irgendwann an, mich selbst in Frage zu stellen. Ich begann dieses “mich fremd in der Welt fühlen”, als “falsch sein” zu bewerten. Das war für mich eine schlüssige Antwort. Schließlich hatte ich den Eindruck, dass alle anderen Menschen normal waren und ich irgendwie anders war. Aus der Reihe falle und demnach “falsch” war. Ich war zu schüchtern. Zu zurückhaltend. Zu langweilig. Zu unscheinbar. Zu tiefgründig. Zu sensibel. Zu nachdenklich. So entstand und festigte sich ein schwaches Selbstwertgefühl. Ich fing an zu glauben, dass ich mich ändern muss, um in die Welt zu passen und Verbundenheit zu spüren – und habe versucht so zu werden wie “die anderen”. Ich habe mich bemüht, mich in jeglicher Hinsicht anzupassen, um mich auf einer Wellenlänge mit anderen Menschen treffen zu können – und dieses unangenehme „Mich fremd in der Welt“ fühlen endlich hinter mir lassen zu können.

Es kam die Zeit wo ich mich anpasste und die Rollen und die Meinungen annahm von anderen. Ich nahm andere Ansichten und Interessen an. Kleidete mich und benahm mich wie die anderen Menschen. Ich versuchte so zu sein wie die anderen, ich wollte dazu gehören. Ich wollte in den Kreis der normalen Menschen, so könnte man sagen, aufgenommen werden. So glaubte ich wäre es gut.

Doch es war ein Trugschluss.

Ich gab vor, etwas zu sein, was ich nicht war und genau das war der Fehler, der mich meine Seele kostete. Ich fühlte mich fremder und einsamer als je zuvor. Denn nun hatte ich mich nicht nur unwohl gefühlt, weil ich mich (tief im Inneren) immer noch nicht zugehörig gefühlt habe, sondern zudem auch deshalb, weil ich eine Rolle spielte, die mir überhaupt nicht entsprach. Ich fühlte mich so als würde ich mich von außen beobachten und zusehen wie da jemand lebte der ich gar nicht war.

Von außen sah das niemand. Doch innerlich zerbrach ich.

Ich fühlte mich immer unwohler unter Menschen und zog mich immer mehr zurück, sofern das möglich war. Innerlich zerbrach ich an dieser Maske – an der Lüge, jemand zu sein, der ich nicht war. Ich wusste irgendwann nicht mehr, wer ich eigentlich wirklich bin, wo ich hingehöre und wo mein Seele Zuhause ist. Es begann die schlimmste Zeit meines Lebens – ein Leben wo ich nicht im gleichlang mit mir selber war. Ich wollte nicht sein, wie ich bin und konnte auch nicht sein, wie ich sein wollte. Ich wurde depressiv und fing an, mich immer weiter zurück zu ziehen. Es war ein täglicher Kampf, bei dem ich gnadenlos verlor. Jeden Tag aufs Neue.

Als Mensch der immer mehr mit dem Herzen Gedacht hat glaubte ich fest daran, dass wir aus einem bestimmten Grund hier sind. Mir selbst das Leben schwer zu machen und mich hinter einer Maske zu verstecken war keine Option für mich, auch wenn es kurzfristig mein sehnlichster Wunsch war so zu sein wie die anderen. Irgendwann habe ich mich gefragt, ob es wirklich nur mir so geht, dass ich mich fremd fühle auf der Welt und wenn ja, warum es nur mir so geht.

Die Begegnung mit Menschen, die vermeintlich nicht auf meiner Wellenlänge liegen, ist unvermeidbar. Und es kann nicht sein, dass ich mich jedes Mal schlecht fühle und hoffe, dass die Zeit schnell vergeht, wenn ich unter diesen Menschen bin. Und es kann auch nicht sein, dass ich den Menschen einfach aus dem Weg gehe und nur noch für mich bin. Das würde ein Leben in unendlicher Traurigkeit und Einsamkeit bedeuten. Schon alleine aus dem Grund da ich eigentlich auch gerne gute Gespräche führe und mich gerne Unterhalten möchte, aber nicht nur oberflächlich, sondern tiefgreifend. 

Ein Schlüsselerlebnis hatte ich, als ich im Internet auf das Thema Hochsensibilität stieß, mit dem ich zuvor noch nie in Kontakt gekommen war. Ich erkannte mich in so vielen Punkten wieder und bekam endlich Antworten auf meine dringendsten Fragen: Warum ich so bin, wie ich bin und warum ich mich so fremd fühle.
In meinem Blog hier war dies schon einmal Thema

Sich fremd fühlen auf der Welt ist ein Gefühl, das viele hochsensible Menschen kennen. Der Grund liegt in ihrem feineren Gespür für Gefühle, Reize und Wahrnehmungen und ihrem oft tiefgründigen Wesen. Sie sehnen sich oft nach einem tieferen Austausch, beschäftigen sich viel mit Sinnfragen und brauchen oft viel Zeit für sich, um die ganzen viele Eindrücke zu verarbeiten. 

Fällt es mir schwer, mich in meinem “Anderssein” zu verstehen und vor allem anzunehmen? Möchte ich gerne anders sein? Doch es gelingt mir nicht, weil dieses Anderssein nicht ich bin? Habe ich das Gefühl in einem ständigen Konflikt zu sein, weil ich nicht sein kann, wie ich sein will, mich aber auch nicht akzeptieren kann, wie du bist?

So erging es mir. Hinzu kamen die Folgen, die diese Selbstablehnung und der Konflikt mit sich brachten: Eine innere Unruhe und Zerrissenheit, die mich häufig Grübeln ließ und mich noch weiter in den Sumpf der Unzufriedenheit, Wertlosigkeit und Verzweiflung zog.

Für mich war der Schlüssel zu einem Leben in Frieden und Verbundenheit mit anderen Menschen, in Verbindung mit mir selbst zu kommen und in Verbundenheit mit mir zu leben. Denn für mich wurde etwas Wichtiges deutlich: Der Ursprung des großen Problems lag in mir! Wie soll ich im Beisein anderer Menschen selbstbewusst und selbstsicher sein, dies war ein großer Wunsch von mir, wenn ich mich selbst ablehne?

Und ich fragte mich, „Kannst du selbstbewusst zu dir stehen und dich verbunden mit anderen fühlen, wenn du dich selbst nicht akzeptierst und keine Verbindung zu dir hast?“

Selbstannahme, Selbstliebe und Selbstfürsorge waren für mich wichtige Lektionen, die ich lernen musste, und auch immer wieder von neuem lernen muss, um zu innerem Frieden zu gelangen.

Ich begriff, dass der wichtigste Ort, an dem ich ankommen muss, wenn ich inneren Frieden finden möchte, in mir selbst liegt. Wenn ich mit mir verbunden bin, kann ich selbstbewusst und selbstbestimmt meinen Weg gehen. Ich habe eine Sicherheit in mir gefunden und eine innere Stabilität erreicht, die mir Ruhe und Kraft schenkt. Auch wenn mich noch heute immer wieder die zweifel quälen ob es so richtig ist. Diese zweifel glaube ich werden auch nie ganz vergehen. Dafür stelle ich meine eigenen Ansprüche an mich selber immer wieder aufs neue auf die Waagschale.

Wer sich in sich selbst sicher fühlt, hat keine Angst, er selbst zu sein. Hat keine Scheu, seine eigene Meinung zu sagen, den verunsichern Kritik oder andere Ansichten nicht. Dem ist sein innerer Frieden wichtiger, als der Wunsch, anderen zu gefallen.

Ich durfte erkennen, dass ich so, wie ich bin, genau richtig bin und ich meinen Platz in der Welt und inmitten Menschen finden werde. Ich muss mich nicht anpassen, um ankommen zu können, sondern ich muss in mir ankommen, um in der Welt zu Hause sein zu können. Heute ist es mir teils egal wie andere über mich und meine Ansichten denken. 

Ich arbeitete an meinem Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Ich lernte, mich in meinem Körper und meinem sensiblen Wesen wohlzufühlen und gut für mich zu sorgen. Es war der Weg zur Selbstsicherheit und der Schlüssel, um keine Angst mehr zu haben, ich selbst zu sein.

Eine fehlende und lieblose Beziehung zu mir selbst kann ein Grund sein, warum ich mich fremd und allein unter meinen Mitmenschen fühlte. Ein anderer Grund kann sein, dass ich mich in einem Umfeld aufhielt, das ganz und gar nicht meiner Denk- und Lebensweise entsprach. Dass ich Menschen um dich herum hatte, deren Werte, Bedürfnisse und Interessen nicht mit mir und meiner Gedankenwelt harmonierten.

Es wird in meinem Leben immer Menschen geben, mit denen ich nicht auf einer Wellenlänge liegen werde und unter denen ich mich fremd fühle. Mein Umfeld spielt eine wichtige Rolle. Es ist immer empfehlenswert, mich hauptsächlich mit den Menschen zu umgeben, die mir guttun und die mich akzeptieren und schätzen, wie ich bin. Ich habe auch gelernt es nicht mehr zu hinterfragen.

Wenn ich häufig das Gefühl habe, mich fremd in der Welt zu fühlen oder häufig von Menschen umgeben bin, unter denen ich mich unwohl fühle, lohnt es sich, die Ursache ausfindig zu machen, um mich von dem erdrückenden Gefühl des Getrennt seins befreien zu können. Dazu nehme ich mir dann Zeit für mich selber, ich gehe in mein innerstes und stelle mir fragen. Es hat mich auch ganz ehrlich viel Mut gekostet nach langen Jahren mir Hilfe zu holen und regelmäßig zum Therapeuten zu gehen. Erst durch die intensiven Gespräche ist mir klar geworden dass es keinen Sinn macht mich den Wertvorstellungen von anderen anzupassen. Nein ich bin ich und so bin ich nun mal.

Ich hatte mangelndes Selbstwertgefühl und habe oft schlecht von mir selber gedacht. Ja ich bin feinfühlig und sensibel auf meine Art. Ein wichtiger Schritt zu mehr innerer Verbundenheit und Selbstsicherheit bestand darin, das ich anfing eine Art liebevoller Beziehung mit mir selber zu entwickeln. Ich habe meine feinfühlige Art einfach angenommen und nicht mehr hinter einer Fassade versteckt. Ja mancher der dann meine texte liest denkt sich „Was für ein komischer Mensch, warum schreibt er so das ist doch viel zu kitschig und der drückt auf die Tränendrüse“ Nein es ist einfach meine Art wie ich bin, lange habe ich das zurück gehalten und nicht nach außen getragen. Heute stehe ich dazu.

Ich habe gelernt mich selbst zu mögen. So habe ich Sicherheit gefunden, die mich trägt und schützt. Ich werde meinen eigenen Wert in mir finden, der mich dazu befähigt einfach selbstbewusst über meine Gedanken und Gefühle zu reden und zu schreiben. So werde ich mich immer weniger fremd in dieser Welt fühlen, weil ich in mir selbst angekommen bin.

Das alles ist nun schon viele Jahre her, wo ich noch unsicher und zurückhaltend war, im laufe der Jahre habe ich gelernt damit besser um zu gehen. Doch auch heute noch kommt immer wieder dieses Gefühl von fremd sein in mir hoch.


“Früher habe ich einen Raum voller Menschen betreten und mich gefragt, ob sie mich mögen. Heute schaue ich mich um und frage mich, ob ich sie mag.” – Unbekannt

Wie ergeht es dir. Kennst du das Gefühl?


Kommentare